Christliche Ikonografie am Beispiel Tiroler Kirchen
© Anton Prock 2014

Muschel

Schon in der antiken Mythologie galt die Muschel als Sinnbild des Weiblichen, der aus dem Meer geborenen Göttin Venus bzw. Aphrodite. Nach Plinius d. Ä. (23-79 v. Chr.) steigt die Muschel bei einem Gewitter an die Wasseroberfläche und öffnet sich. Der Blitz kann in sie einschlagen. Sie senkt sich wieder auf den Meeresgrund und gebiert nach einiger Zeit die Perle. Im Physiologus wird von der Perlmuschel berichtet, die bei Sonnenaufgang aus dem Meer emporsteigt, ihre Schale öffnet, vom Morgentau befruchtet wird und dann der Perle das Leben schenkt. Die beiden Schalen der Muschel versinnbildlichen das Alte und das Neue Testament, der Morgentau den Hl. Geist, die Perle Jesus. Vor allem in der Renaissance und im Barock ist die Muschel Symbol für die jungfräuliche Maria und die Empfängnis göttlicher Gnade allgemein. Als Sinnbild für das Grab Jesu und die Auferstehung Christi wurde sie zum Abzeichen der Pilger. Besondes bekannt ist die sogenannte Jakobsmuschel, das Abzeichen der Pilger von Santiago de Compostela in Nordspanien, wo der hl. Jakobus der Ältere begraben liegt. Der Legende nach wurde der Leichnam des Heiligen in einem Boot an der nordspanischen Küste angetrieben und sein Körper war über und über mit großen Muscheln (Jakobsmuscheln) bedeckt. Die Muschel hatte aber auch einen praktischen Nutzen, sie diente als Ess- und Trinkgefäß.