Christliche Ikonografie am Beispiel Tiroler Kirchen
© Anton Prock 2014

Ikonografie und Ikonologie - Erwin Panofsky

Was versteht man unter Ikonografie und Ikonologie? Einfach ausgedrückt handelt es sich bei der Ikonografie um die Bildbeschreibung (Was ist zu sehen? - Etwa zwei sich umarmende Frauen, eine jüngere und eine ältere, oder ein Engel, der auf eine betende junge Frau zuschwebt, oder drei prächtig gekleidete Männer, die einen alten Mann, eine junge Frau und ein neugeborenes Kind besuchen), bei der Ikonologie um die Bilddeutung (Was bedeutet das Dargestellte? - Etwa die Szene der Heimsuchung oder die Szene der Verkündigung an Maria oder der Besuch der Heiligen Drei Könige beim neugeborenen Jesuskind). Für diese Bilddeutung benötige ich theologisches, historisches, soziales, volkskundliches, mythologisches etc. Hintergrundwissen. Der Kunsthistoriker Erwin Panofsky hat ein 1931 Drei-Stufen-Modell der Ikonologie entwickelt, wobei er auf Aby Warburg zurückgreift: “Zum Problem der Beschreibung und Inhaltsdeutung von Werken der bildenden Kunst”.  Stufe 1 - vorikonografische Beschreibung (Phänomensinn) Dabei geht es um das Erkennen der Bildinhalte. Was ist auf dem Bild zu erkennen? Wie viele Personen sind dargestellt? Was tun diese Personen? Drücken sie Freude, Kummer, Leid, Agression etc. aus? Befinden sie sich in einer Landschaft, in einem Innenraum etc.? Stufe 2 - ikonografische Analyse (Bedeutungssinn) Der Betrachter benötigt dazu Informationen aus Theologie, Literatur, Mythologie, Geschichte, Volkskunde etc. Er muss aber auch einfache Symbole und Allegorien des betreffenden Kulturkreises spontan erkennen. Kennt der Betrachter die Bibeltexte über die Geburt Christi, so wird er eine Darstellung mit einem älteren Mann, einer jungen Frau, einem Neugeborenen, Ochs und Esel - alle befinden sich in einem Stall - als die Geburt Christi erkennen. Dieses Wissen erhält der Betrachter teilweise durch seine Erziehung in einem bestimmten Kulturkreis, andererseits muss er es sich durch das Studium von gängigen Schriftquellen und Sekundärliteratur aneignen. Stufe 3 - ikonologische Analyse (Dokumentsinn) Diese Stufe betrifft das Erkennen des Dokumentsinns eines Kunstwerkes, seine eigentliche Bedeutung. Werden bei Stufe 2 herkömmliche Quellen wie Literatur, Religion etc. (s. oben) zur Entschlüsselung herangezogen, geht es hier um das Hinzuziehen von nicht-wissenschaftlichen Texten und Dokumenten aus Astrologie, Aberglaube, Alchemie, Brauchtum etc. als erweitertes Material. Das Kunstwerk selbst kann dabei zu einem Zeugnis, einem Dokument der Zeitgeschichte werden. Dabei geht es nicht mehr allein um Kunst. In diesem Sinne bringt die Ikonologie die Beziehung neuer, unkonventioneller, randständiger Quellen und Materialien, die bisher von der Kunstgeschichte noch nicht berücksichtigt worden sind. Dabei ist es sogar möglich, dass bisher unverständliche Bildprogramme, vor allem der Renaissance und des Barock, aufgelöst und sinnvoll erklärt werden können. Damit wird das Kunstwerk jetzt Symptom einer Zeit, einer Epoche. (nach Kopp-Schmidt Gabriele: Ikonographie und Ikonologie, Köln 2004.)
Allegorie  Symbol Attribut Emblem