© Anton Prock 2014
Die Beweinung Christi - Pietà - Vesperbild
Laut Legende wurde der
Leichnam Jesu nach der
Kreuzabnahme auf einen
Stein gelegt und von seiner
Mutter Maria beweint.
Daraus entstand ein
eigenständiges Thema - die
Beweinung Christi, auch
bezeichnet als Lamentatio
oder Vesperbild oder Pietà.
Vor allem in der
Passionsmystik der
Franziskaner ab dem 13. Jh.
rückt dieses Thema stark in
den Vordergrund. Im Zentrum der Darstellung steht einerseits der Ausdruck des
Schmerzens bei Maria über den Tod ihres geliebten Sohnes, andererseits soll der
tote Jesus möglichst realistisch abgebildet werden. Es geht um die mystische
Versenkung in die Passion Jesu, um das Nachvollziehen seines Leidens. Die
Bezeichnung Vesperbild (lat. vespera = Abend) bezieht sich auf die Abnahme Jesu
vom Kreuz am Abend nach der Kreuzigung und seine Beweinung. Die Vesper ist das
liturgische Abendgebet der Kirche.
Im 15. Jh. übernimmt Italien das Thema als Pietà (Mitleid, Mitgefühl).
Was ist dargestellt?
Es muss unterschieden werden zwischen der Einzeldarstellung Maria mit dem toten
Jesus und einer szenischen Darstellung mit verschiedenen Personen.
Bei der szenischen Wiedergabe
liegt Christus meist auf einem
geschlossenen Sarg oder in einem
Sarg oder auf dem Boden, Maria
schmiegt ihr schmerzverzerrtes
Gesicht an das ihres toten
Sohnes, dessen Oberkörper auf
ihrem Schoss ruht. Maria
Magdalena hält seine Füße,
Johannes seine Hand. Es können
aber auch noch andere Personen
anwesend sein, etwa Maria
Cleophas und Maria Salome
sowie Josef von Arimathäa und
Nikodemus. Sie zeigen Trauer und
Betroffenheit, manchmal sogar
Verzweiflung, was sich auf den
Betrachter übertragen soll.
Schwebende Engel können das Bild begleiten.
Bei der Einzelsdarstellung der Beweinung Jesus (Pietà oder
Versperbild) sind grundsätzlich nur Maria und der tote Jesus
zu sehen. Er sitzt oder liegt auf dem Schoss seiner Mutter
bzw. auf ihren Knien, Maria hält mit einer Hand seinen Kopf
und mit der anderen
seinen Arm. Es geht
hier vor allem um den
Ausdruck des
Schmerzes der Mutter
über ihren toten Sohn.
Pietà (ital. Mitleid) - Vesperbild (lat. vesper “Abend”)
Diese Einzeldarstellung mit Maria als Mater Dolorosa
(Schmerzensmutter) und dem Leichnam des vom Kreuz
abgenommenen Jesus hat sich aus der Darstellung der
Beweinung Christi entwickelt. Im Gegensatz zur Beweinung
sitzt oder liegt der Leichnam Jesu immer auf dem Schoss bzw.
den Knien seiner Mutter. Die Bezeichnung Vesperbild erinnert
an die Abnahme des toten Jesus vom Kreuz am Karfreitag
ungefähr zur Zeit des Abendgebets, der Vesper.
Das Bildmotiv tritt ab dem frühen 14. Jh. auf. Meist handelt es
sich um plastische Darstellungen in Holz. Maria sitzt auf einer
Bank oder einem einfachen Thron. Im frühen 14. Jh. sitzt Jesus
aufrecht auf den Knien Marias. Je weiter wir zeitlich
heraufgehen, desto mehr gleitet der Körper Jesu in die
Horizontale, bis er im 15. Jh. fast waagrecht liegt. Diese
Entwicklung gilt aber nur für die Gotik und die beginnende Renaissance. In späterer Zeit sind Mischformen
zu finden. Ist in der Gotik der ausgemergelte und eingefallene Körper Jesu dargestellt, kann im Barock der
Körper an Fülle zunehmen. Zu den berühmtesten Darstellungen zählt die barocke Pietà des Michelangelo
(Petersdom in Rom). Es gibt auch viele moderne Kunstwerke.
Die Pietà bzw. das Vesperbild ist als Andachtsbild zu sehen. Hauptaugenmerk wird auf den Ausdruck der
Trauer im Gesicht der Mutter gelegt. Wichtig ist auch die Darstellung der Hände. Mit einer Hand hält Maria
den Kopf ihres Sohnes, mit der anderen seine Hand. Der Betrachter soll sich in den unendlichen Schmerz der
Gottesmutter und in das grenzenlose Leiden ihres Sohnes versetzen.