Christliche Ikonografie am Beispiel Tiroler Kirchen
© Anton Prock 2014

Mariensymbole - Blumen

Unter dem Begriff Mariensymbole versteht man Sinnbilder, die sich auf Maria, die

Mutter von Jesus, beziehen. Dazu gehören Pflanzen, Tiere, Gestirne und

Gegenstände, die verschiedenen Heiligen Schriften entlehnt sind und in Bezug zu

Maria stehen. Die Quellen dafür sind vielfältig, so etwas das Hohelied Salomos, die

Weisheit Salomos und die Lauretanische Litanei. Einige Beispiele sollen hier

angeführt werden.

Akelei

Schon im Mittelalter vergleichen Hymnen die Akelei mit

Maria: “Gott grüß dich, Akeleie schöne, Maria Jungfrau

wohlgetan, um unserer willen kam Gott gher,

menschliche Form in die zu empfahn.” Die Form der

Blüten erinnert an eine Taube, was wiederum auf den

Heiligen Geist hinweist. Die Anzahl der Blüten - sieben -

weist auf die sieben Geistesgaben hin (Jes. 11,2): Geist

der Weisheit, der Einsicht, des Rats, der Stärke, der Erkenntnis, der Frömmigkeit und

der Gottesfurcht.

Erdbeere

Im Volksglauben wurde die Frucht als Speise der

Seligen im Jenseits gesehen, besonders der

frühverstorbenen Kinder. Sie ist Himmelsspeise und

ein Zeichen der Liebe. In der Dreizahl der

ausgebreiteten Blätter wird die Dreifaltigkeit gesehen.

Die pralle rote Frucht kann aber auch erotische

Sinngebung übernehmen. Der Hauptgrund, warum

die Erdbeere mit Maria in Verbindung gebracht wird,

ist wohl, dass sie zur selben Zeit Blüten und Früchte trägt. Maria gilt ja zugleich als

mater et virgo (Jungfrau und Mutter).

Lilie (Madonnenlinie. Feuerlilie, Schwertlilie)

Die weiße Lilie hatte schon in der Antike eine

besondere Bedeutung als Heilpflanze und

Keuschheitssymbol. In der griechischen

Mythologie entsprang die Lilie aus Heras Milch,

die Hera beim Säugen ihres Sohnes Herakles auf

den Boden verschüttete. Im Alten Testament

wird die Lilie wegen ihrer Schönheit, Keuschheit

und Reinheit erwähnt. Das Hohelied vergleicht

die Braut mit der Lilie, was später auf Maria

gedeutet wird. Dadurch wird sie zum Reinheits-

und Keuschheitssymbol. Als königliche Blume

steht sie den Herrschern zu, deren Szepter häufig Lilienform hat. Die französischen

Bourbonen verwendeten die Lilie als Wappenblume. In Maria wird ein Blütenkelch

gesehen, aus dem der Sohn Gottes entsteigen konnte. In Weltgerichtsdarstellungen

können vom Mund Christi, dem Weltenrichter,

Schwert und Lilie ausgehen. Das Schwert, Zeichen

des Zorns, ist gegen die Verdammten gerichtet, die

Lilie, Zeichen der Gnade, weist auf die Geretteten

hin. Bei der Szene der Verkündigung erscheint der

Erzengel Gabriel mit einer weißen Lilie.

Die Schwertlilie (Iris) symbolisiert durch ihren hohen

Wuchs die Erhabenheit Marias. Ihre spitzen Blätter

wirken wie Schwerter, die durch das Herz und die Seele

Mariens dringen - Bezug auf ihr Leiden über die Passion

und den Tod ihres Sohnes.

Märzenbecher und Schneeglöckchen

Blumen, die außerhalb der üblichen Jahreszeit blühen, werden

als “Zitenlose” bezeichnet. Auch Maria hat das Attribut

“Zitelose”. 

Maiglöckchen

Im Hohelied steht: “Ich bin eine Feldblume und eine Lilie im Tal”.

Das Maiglöckchen gehört zur Gattung der Liliengewächse und

wurde als “Lilie im Tal” angesehen. Es weist auf Maria als Braut

hin, auf ihre Demut und ihre Bereitschaft, die Mutter des

Erlösers zu werden.

Nelke

Häufig wird die Form der Nelkenblüte und ihres

Fruchtstandes mit einem altertümlichen Nagel

verglichen. Die Blume ist ein altes Symbol der

Liebe, oft auch der sinnlichen Liebe. Die Dreizahl

der Blüten und die oft blutrote Farbe weisen auf

den Kreuzestod Jesu hin. Einer mittelalterlichen

Legende nach sprossen Nelken aus den Tränen,

die Maria beim Anblick ihres gekreuzigten

Sohnes vergoss. Einer alten Sitte nach versteckte

in Nordeuropa die Braut an ihrem Hochzeitstag

eine Nelke in ihrem Kleid, die der Bräutigam

suchen und finden musste. Deshalb ist die Nelke auch Symbol für das

Eheversprechen.

Pfingstrose

Die Kirchenväter sehen in der Pfingstrose die oft

gepriesene “Rose ohne Dornen”.

Weiße und rote Rose 

Laut  griechischer Mythologie entspross die Rose

dem Blut des Adonis. Sie gilt als Königin der

Blumen und ist Symbol für die Liebe schlechthin,

aber auch der Lust, der Freude, der

Vergänglichkeit und des Todes. Im Hohelied wird

von der “Rose ohne Dornen” gesprochen, was

später auf Maria bezogen wurde. Verschiedene

Hymnen und Lobpreisungen beziehen die Rose

auf Maria. Im Melker Marienlied wird die Rose in

Jericho, die Rose der Weisheit erwähnt. Eine alte Legende berichtet, dass die Rosen

vor dem Sündenfall der ersten Menschen keine Dornen hatten. Da Maria von der

Erbsünde bewahrt blieb, spricht man von

ihr auch gerne von der “Rose ohnen

Dornen”. Daraus entstand der Bildtypus der

“Rosenmadonna” und der “Madonna im

Rosenhag”.

Es besteht allerdings auch eine Verbindung

zwischen roter Rose und Blut - Sinnbild für

das Leiden Jesu. Bernhard von Clairvaux

vergleicht die fünf Blütenblätter der Rose

mit den fünf Wunden Christi.

Veilchen

Der süße Duft des Veilchens, sein niedriger

Wuchs und die königliche Farbe werden

schon früh gepriesen. Das Blümchen gilt

als Sinnbild der Demut und der Schönheit,

Eigenschaften, die bei Maria besonders

ausgeprägt ist. Im Mittelalter ist das

Veilchen die von den Menschen sehnlichst

erwartete Frühlingsblume. Der Wiener Hof

zog schon im 13. Jh. mit dem ganzen

Hofstaat dorthin, wo das erste blühende Veilchen gefunden wurde. Das sittsamste

Mädchen wurde erwählt und durfte das Veilchen pflücken.